Mittwoch, 4. Januar 2012

4 Italy. Liguria >> Napoli

Zweimal war ich mit dem Rad in Monaco gewesen. Nun, beim dritten Mal, passierte ich es mit dem Ziel, Italien zu erreichen. Genauer gesagt, die Ligurische Küste. Die letzte französische Stadt, der Küstenlinie folgend, ist Menton. Gleich danach kommt die Grenze zu Italien.
Es war etwas windig und wolkig. Mitte Oktober 2005. Nur wenige Meter auf italienischem Boden, befand sich ein Obststand. Ich kaufte zwei Pfirsiche und wollte ein paar italienische Worte mit der Verkäuferin sprechen. Doch das klappte nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die wenigen Wörter blieben mir förmlich im Halse stecken. Das war mein bescheidener Anfang, Italienisch zu lernen. Meine Erfahrung ist, sobald man das Land betritt, sofort die erste Gelegenheit nutzen und versuchen, ein paar Wörter zu sprechen. Egal wie. Die Hemmungen sind dann weg. Am besten ist es, sich vor der Reise anhand eines Lehrbuchs mit CD vorzubereiten.
Bei meiner Ankunft in Italien waren die Temperaturen noch angenehm, die Sonne schien. Doch das sollte sich schon nach wenigen Tagen ändern. Mein erster Eindruck als Radfahrer in Italien waren die vielen Motorroller, Mofas, die sich in den Städten elegant innerhalb der Staus an den Autos vorbeischlängelten. Das gefiel mir und mit der Zeit machte ich es mit dem Rad genauso. Die Italiener sind in dieser Hinsicht defensiv. Sie machen nicht zu, lassen einen passieren. Hatte damit nie ein Problem in ganz Italien. In Deutschland würde ich eher von solch einem Verhalten abraten. Die italienische Mentalität neigt dazu, alles nicht so streng, sondern eher locker, flexibel zu sehen. Das kann Vor- und Nachteile haben, wie wir in der heutigen Zeit sehen.
Bald wurde der erste italienische Campingplatz am Abend erreicht. Die Via Aurelia verläuft hier an der Küste entlang. Das Camping war fast leer und trug den vielsagenden Namen "Camping der Katzen", was noch kleine Konsequenzen haben sollte.

Denn, die Katzen haben oft Hunger und sind schlau genug, nach Eßbarem im Zelt zu suchen. Nähert man sich dem Zelt, so ergreift die Katze Panik und sie will fluchtartig aus dem Vor-Zelt, wobei sie mit den scharfen Krallen das Gewebe perforieren kann. Dies ist mir etliche Male in den südlichen Ländern passiert. So auch in diesem Camping. Die ersten kleinen Löcher waren im Zelt und mußten mit Silikon abgedichtet werden. Ein Nachteil des Vaude light Zeltes. Mein zweites Zelt war widerstandsfähiger, wog allerdings ein knappes Kilo mehr, was ich gern in kauf nahm.

Hier versuchte ich ebenfalls, jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen, um die Sprache zu lernen. Dazu waren ein kleines Wörterbuch sowie Lehrbuch in meinem Gepäck vorhanden.

Weiter ging´s entlang der Küste nach Celle Ligure, das zwischen Savona und Genua liegt. Savona ist eine hübsche italienische Hafenstadt, die auch Kreuzfahrtschiffe anlaufen.

Als ich abends in Celle Ligure im Camping ankam und die Chefin mit ein paar italienischen Wörtern begrüßte, wurde ich sogleich zu einer kleinen Feier eingeladen. Ein typisch italienisches Verhalten, was mir noch oft begegnete. Eine sehr sympathische Seite dieses Volkes. Natürlich wieder eine  paradiesische Gelegenheit, den ganzen Abend das schöne Italienisch zu trainieren und beständig zu erweitern.
Wenn man mit dieser Einstellung unterwegs ist, Sprachen dazulernen will, so gibt es kein Alleinsein - ganz im Gegenteil, die Umgebung wird immer interessanter. Da haben viele falsche Vorstellungen von meiner Tour, wenn sie mich danach fragen. Sie denken, immer jemanden dabei haben zu müssen - und sind doch manchmal allein.

In Celle Ligure fielen mir die recht hohen Preise für Lebensmittel in den kleinen Supermärkten auf. Ich blieb in dem Ort eine Woche. Auch, um besseres Wetter für die Weiterfahrt abzuwarten. Es regnete oft und war kühl. Die italienische Inhaberin des Campings bot an, jeden Morgen zum Frühstück eine gute Viertel Stunde Italienisch mit mir zu sprechen. Gerne nutzte ich diese Gelegenheit und konnte weitere Fortschritte machen. So entwickelte sich Schritt für Schritt meine Sprachkenntnis.

Das gleiche Vorgehen praktizierte ich später auch in Spanien. Der Anfang war etwas schwieriger, da die Spanier in Katalonien weniger gesprächig sind und im Alltag nur Katalan sprechen.

Endlich besserte sich das Wetter und es hieß Abschiednehmen, um die nicht allzu weit entfernte  Hafenstadt Genua (Genova) zu durchqueren.
Ich weiß noch genau, dass die Entfernung von Stadtein- bis Stadtausgang entlang der Küste 30 km betrug. Die mußten erstmal in diesem Verkehr gefahren werden. In schöner Erinnerung sind die engen Straßen mit leichter Steigung und hinter mir ein Bus, der seine Ungeduld durch lautes Hupen zeigte.
Einmal raus aus Genua bedeutete, dass es von nun an bergig wurde. Größere Anstrengungen waren erforderlich, um Rad und Gepäck die langen Schleifen nach oben zu bewegen. Die Richtung war La Spezia über Rapallo und den Passo del Bracco (615m).















Vor dem ersten richtigen Pass während der Tour hatte ich Respekt gehabt. Immerhin eine Höhendifferenz von über 600 m stand zur Bewältigung an. Oben nieselte es ein wenig. Nichts gegen das, was wenig später als schweres Unwetter auf mich zukommen sollte. Endlich kam ich nach einer langen Abfahrt mit vielen Kurven in La Spezia an und mußte zusehen, dass ich zum Abend ein Camping fand. Es ging durch einen Tunnel. Ich fragte in einem Geschäft. Wieder etwas Italienisch sprechen, immer dranbleiben. Sie meinten, das Camping sei schon geschlossen. Der Himmel voll mit schwarzen Wolken. Das konnte kein gutes Zeichen sein. Da braute sich was gewaltig zusammen. Eile war geboten. Ich bekam einen Tip. 12 km entfernt sollte ein offenes Camping sein. Also zurück durch den Tunnel, wo ausgerechnet mittendrin mein Licht ausging. Birne defekt. Bereits fast im Dunklen erreichte ich das Camping. Ein Unwetter drohte. Der Italiener zeigte mir eine gute Stelle auf seinem Platz. Schnell das Zelt aufgebaut und alles verstaut. Es wurde auch höchste Zeit.
Ein heftiges Gewitter brach los, mit sintflutartigen Regenfällen. Der Lärm in meinem Zelt war so, als wenn ich neben einem feuernden Maschinengewehr  stehen würde. Das Unwetter tobte die ganze Nacht und mir war ganz komisch zumute.
Es scheint, dass während dieser Jahreszeit besonders heftige Regenfälle im Golf von Genua auftreten, wie auch im Jahr 2011 geschehen.
Am anderen Morgen konnte ich die Schäden auf den Straßen und Grundstücken besichtigen. Vieles stand unter Wasser. Auf den Straßen von den Bergen herunter gespültes Geröll.

Als  nächste Ziele wurden Pisa und Livorno angepeilt. Die Tour führte durch kleine Küstenorte, wie Marina di Massa oder Viareggio. Die Strecke flach. Schönes Fahren mit dem Rad.

Nicht zu vergessen die kleinen Kontakte mit den Leuten. Mein Italienisch machte stetig kleine Fortschritte. So fragte ich einen Italiener, wo sich in Pisa der Schiefe Turm befinden würde. Er lachte und sagte, dass das kein Problem sei. Geradeaus fahren und schon vor dem Stadtrand würde er im Blickfeld auftauchen. So geschah es. Plötzlich schaute ich auf  und sah tatsächlich den Schiefen Turm  von weitem. Das konnte doch nicht wahr sein. Da war er - so schief.

Die gesamten Bauwerke in dieser Anlage waren frisch renoviert. Ansonsten die übliche touristische Athmosphäre. Eine Reihe Andenkenstände. Touristen. Nach 10 min. reichte es mir und ich nahm Kurs auf Marina di Pisa, um der Küste folgend in Livorno anzukommen.











Als ich im Camping in Livorno ankam, empfingen mich gleich mehrere Leute in der Rezeption. Die hatten etwas Zeit für mich, so dass sich wieder Sprechgelegenheiten in den folgenden Tagen ergaben.











Ein kleines Highlight in Livorno war der Besuch einer Bootswerft. Der Chef freute sich und zeigte mir die verschiedenen Abschnitte des Bootsbaus.

Weiter ging´s auf flachen Alleen gen Süden. Unter der noch warmen Herbstsonne machte das Radfahren eine Menge Spaß.






In Castiglione della Pescala machte ich drei Tage Rast. Ein hübscher, relativ ruhiger Ort, zumindest in der Nebensaison. Im Camping traf ich eine Gruppe deutscher Lehrer, die sich für mein Vorhaben interessierten. Wir gingen auch zusammen essen.
Nach der Abfahrt Richtung Grosseto hatte ich eine schattige Straße vor mir. Vor Grosseto ist eine Aerbase. Ich hielt an und stellte fest, dass sich da was tat. Tatsächlich, ein Eurofighter wurde startklar gemacht. Zu dieser Zeit noch eine eher seltene Sache. Inmitten meiner Beobachtungen kamen plötzlich zwei Carabinieri auf Motorrädern heran, um mich freundlich darauf hinzuweisen, ein Stück weiter zu fahren. Wir kamen in´s Gespräch. Sie sagten mir, dass gerade deutsche Piloten zwecks Instruktion auf dem Platz wären, während die Maschine mehrfach im Tiefflug über den Platz jagte.
Weiter südwärts nach Rom, das noch 170 km entfernt war. Auf dem Seitenstreifen von Schnellstraßen in einer ziemlich eintönigen Umgebung. Es gab keine andere Möglichkeit. 
Ich kann mich noch an die ewig lange, flache Steigung nach Civitavecchia erinnern. Hier machen die Kreuzfahrtschiffe halt, damit die Passagiere Rom besuchen können.
Vor Rom geriet ich am Nachmittag in ein Schnellstraßengewirr. Da hieß es, schön ruhig bleiben. Links und rechts von mir Autos. Wichtig in solchen Situationen ist, berechenbar für die anderen genau auf der Spur zu bleiben. Dann sollte nichts passieren. Auf einmal sehe ich vor mir das Schild "Roma". Ein unvergessener Moment. Mit dem Rad von Saarbrücken bis hierher. Gleich dahinter befindet sich das "Camping Roma" mit modernen Anlagen, wo ich 10 Tage blieb und mir die Stadt ausgiebig anschaute.

Rom

Im Camping Roma wurde ich mal zu einer Geburtstagsfeier eingeladen. Darunter war auch eine blonde Studentin aus Puglia (Süditalien), die sich immer mehr darüber aufregte, dass ich Deutscher bin. Das ging so weit, dass sie mich fragte, was mein Vater im zweiten Weltkrieg gemacht hätte. Niemals würde sie Deutschland besuchen, denn dort würden immer noch Leute ähnlich Hitler eine wichtige Stimme haben. Sowas gibt es auch in Italien. Und es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein. 
Das nächste wichtige Ziel konnte nur Neapel sein, genauer gesagt, ein Camping in Pozzuoli, wo Sophia Loren herstammt. Auf der Tour dorthin hielt sich das Wetter noch. Die Sonne schien. Von Pozzuoli aus fuhr ich mit dem Bus nach Napoli, um die folgenden Fotos zu machen.
Neapel (Napoli) 

 
Am 18.11.2005 fuhr ich am Morgen von Pozzuoli mit Rad und Gepäck weiter, Richtung Pompeji. Dabei  passierte ich Napoli, von einem Ende zum anderen der 3-Millionenstadt. An diesem Tag erfolgte ein kräftiger Temperatursturz, begleitet von Nieselregen. Zum ersten Mal gebrauchte ich meine langen Radhosen. Es sollte einer der strengsten Winter seit langem werden.
Mir sind noch verdächtige Gestalten auf Mopeds im Gedächtnis, wo sich die Mitfahrer beim Überholen umdrehten und mir böse Blicke zuwarfen. Kann auch sein, dass es eine gewisse soziale Verachtung war, weil ich mich abmühen mußte. Und dazu noch allein unterwegs. Diese Situationen waren in den südlichen Ländern nichts besonderes. Zeigen, was man hat oder scheint zu haben (über Kredite) ließ mich oft erstaunen. 

   






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