Samstag, 7. Januar 2012

7 Italy. Around Sicily

Als ich an der Nordküste Siziliens entlang fuhr, machte ich Rast in einem Camping, wo mich eine junge Frau, knapp zwanzig, zu meinem Platz führte. Es stellte sich heraus, dass sie Deutsch lernte und so versuchte sie, den einen oder anderen Satz zu sprechen. Am nächsten Tag kam ich von einem Einkauf zurück und sah die Frau im Schatten an einem Tisch sitzen, vor sich das Lehrbuch aufgeschlagen. Ich fragte sie zwanglos, ob ich ihr etwas erklären könnte. Kaum war dies ausgesprochen, ging in der Nähe eine Tür auf, aus der ein Koch heraustrat und mich mit dem bösesten aller Blicke musterte. Da wurde mir klar, dass ich zwar noch in Europa, aber schon in einer anderen Welt war. Ein gutes Beispiel, wie eine Frau lernen möchte und doch dabei in bestimmten Gegenden eingeschränkt wird.
Die Sizilianer sind ein familienbezogenes Volk, sehr freundlich und generös. Später, während meiner Tour, sollte ich nochmal einen langen Abstecher zurück nach Sizilien machen. (mit dem Flugzeug)
In angenehmer Erinnerung blieb mir noch, wie ich eines Abends an der Nordküste in einen kleinen Supermarkt ging, mit der Chefin in´s Gespräch kam und sich nach und nach die ganze Familie, Söhne und Töchter, um mich versammelte.
Entlang der  sizilianischen Nordküste führt eine Autobahn parallel zur Küste, wie auch die Landstraße. Die Autobahn verläuft geradeaus auf einem Höhenniveau, durch viele Tunnel und über Brücken. Die Italiener sind wahre Brückenbaumeister. Kaum ein Land in Europa, wo ich über so viele Brücken fahren mußte. Das obere Foto zeigt einen ziemlich monströsen Autobahn-Zubringer, wie ich finde.

Als ich am Ortseingang von Palermo angekommen war, wurde mir bewußt, nun in der Hochburg der Mafia zu sein. Als Durchreisender merkt man natürlich nichts davon in Sizilien. Während dieser Tage in Palermo wurde zufällig der Boss der Bosse mit Namen Provenziano verhaftet. In einer Berghütte nahe Corleone, das nicht weit von Palermo entfernt ist.
Dort hatte er schon viele Jahre im Untergrund gelebt und seine Anordnungen über Notizen auf kleinen Zetteln über Kuriere weitergeleitet. Ich las viel über die Mafia/Camorra in italienischen Zeitungen.
Keineswegs erscheinen die Mafiosi als primitive Kriminelle. Gebietsbosse haben teilweise Hochschulabschlüsse, leben im Untergrund, sollen sogar auf Parties in Palermo auftauchen. Sizilianer sagten mir, dass zur Ehrenwerten Gesellschaft Ärzte, Ingenieure, Chemiker gehören. Die Gier nach Macht und Geld wären die ausschlaggebenden Gründe.
Zu Tausenden gibt es dann das Fußvolk, das die Schutzgelder eintreiben muß. In Palermo, so las ich, garantiert die Mafia in bestimmten Stadtteilen die Sicherheit der Bevölkerung, da die Polizei nicht dazu in der Lage ist. Weiterhin erfuhr ich, dass sich vor allem die jungen Geschäftsinhaber in Palermo gegen die Erhebung von Schutzgeldern wehren würden.
Ein anderes Beispiel aus der Zeitung war, dass die Mafia von einer großen Supermarktkette über eine halbe Million €/ Jahr verlangte, um für die "Sicherheit" zu sorgen.
Eines Abends, in einem kleinen Ort an der Südküste, ging ich noch etwas einkaufen und konnte mich mit der älteren Inhaberin des Geschäfts unterhalten. Als ich auf das Thema "Mafia" zu sprechen kam, schaute sie mich nur an, meinte, das würde mich wohl interessieren, senkte den Blick und schwieg. Ich hätte das nicht für möglich gehalten.  
Das nächste Ziel der Sizilien-Umrundung hieß Trapani
   
Während es an der Nordküste Siziliens nur relativ wenige Badestrände gibt, ist an der Südküste das Gegenteil der Fall. Unter der warmen Sonne durch die frühlingshafte Vegetation zu fahren, war angenehm.
Bevor der M. Etna in Sichtweite kam, hatte ich schon Syracus und Catania passiert. Für den Radfahrer eine bergige Strecke. In Catania überraschte mich ein kräftiger Gewitterschauer. Trotz Regensachen war es besser, an einer Tankstelle Schutz zu suchen.  Der Gipfel des M. Etna war leider bei der Durchfahrt von Wolken verhüllt.
Geschafft am 01. Mai 2006. Sizilien mit dem Rad umrundet. Bevor ich den italienischen Stiefel weiter abfahren werde, um nach Venedig zu gelangen, mache ich einige Tage wieder bei den Freunden in Torre Faro/Messina Pause. Dabei nutze ich die Zeit, um mir gründlich die Umgebung Messinas anzuschauen, deren Berge bis in eine Höhe von über 1000 m reichen. 
 
Jetzt, wo ich mich gedanklich wieder in die Tour hineinversetze und erinnere, bin ich sehr dankbar, dass ich das erleben durfte. Solch eine Intensität an Eindrücken, neu Gelerntem und vielen Erfahrungen ist für einen Außenstehenden nur schwer zu beschreiben. Ich glaube, bis an mein Lebensende davon zehren zu können. 
Im Foto oben ist eine Methode zu sehen, wie ein bestimmter Fisch gefangen wird. Ein Kilo kostet um die 20 €. Ein Beobachter klettert in den Ausguck am Mast und hält Ausschau nach dem Fisch. Wenn er einen erspäht hat, muß ein Kollege nach vorne laufen, um ihn mit einer Harpune zu fangen. Das passiert nicht oft, da es schwierig scheint, erstmal den Fisch ausfindig zu machen.
Ein interessantes touristisches Ziel ist Taormina, gelegen zwischen Catana und Messina. Dorthin machte ich Mitte Mai einen Tagesausflug mit dem Rad.
 
Am 25.5.2006 verabschiedete ich mich schweren Herzens vorerst von meinen Freunden in Torre Faro/Messina, um im darauffolgenden Jahr eine Pause wiederum in Messina/Sizilien von meiner Tour zu machen. Dazu nahm ich dann ein Flugzeug von Valencia/Spanien und blieb ganze 7 Monate, sprach viel Italienisch, lernte eine Menge dazu, joggte und kaufte mir ein gebrauchtes Rennrad, mit dem ich wegen eines technischen Schadens stürzte und das Schlüsselbein durchbrach, was mir zwei Wochen nebst Operation im Krankenhaus Parpado in Messina einbrachte. Dazu mehr in einem anderen Post.
Mit der Fähre ging es wieder zurück über den Stretto nach Reggio di Calabria und an  diesem Tage weiter am Meer entlang nach Siderno. In ein paar Tagen wollte ich dann Taranto sowie den östlichsten Zipfel Italiens, Otranto, erreichen.

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